Als Verein „Zugvögel – Grenzen überwinden e.V.“ verstehen wir uns als politische Organisation, die postkoloniale, das heißt seit der Kolonialzeit historisch gewachsene, Machtungleichgewichte thematisiert.

Gegründet wurde der Verein durch eine Gruppe von jungen Menschen, vor allem von ehemaligen weltwärts[1] Nord-Süd-Freiwilligen, welche die überwiegend von Nord nach Süd gerichteten Freiwilligendienste kritisierte. Dabei verfolgte der Verein das Ziel, zu einem beidseitigen und gleichberechtigten Austausch zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden beizutragen.[2] Seit 2012 organisierten wir, in Zusammenarbeit mit Partnerstrukturen aus dem Globalen Süden, einjährige Freiwilligendienste für junge Menschen aus Ecuador, Mexiko, Nepal, Ruanda und Uganda nach Deutschland. Im Laufe unserer jahrelangen Vereinsarbeit stellten wir fest, dass wir das Süd-Nord-Freiwilligenprogramm nicht außerhalb von politischen Kontexten umsetzen können.

Wir sind der Überzeugung, dass im Kontext des Kolonialismus etablierte Machtverhältnisse bis heute bestehen und kritisch betrachtet werden müssen. Denn immer noch sind Zugänge zu Ressourcen[3] und Entscheidungsmöglichkeiten global ungleich verteilt. Darum stehen wir für eine Welt ohne Diskriminierung ein und kritisieren und sensibilisieren für Rassismus. Die globale Ungleichheit äußert sich beispielsweise darin, dass es der Mehrheit der Menschen verwehrt wird, sich global frei zu bewegen. Unfaire Visavergabepraxen, die wir im Kontext von Süd-Nord-Freiwilligenprogrammen miterleben mussten, gaben uns zusätzlich den Anstoß, uns für Bewegungsfreiheit einzusetzen. Weiterhin lehnen wir den verbreiteten „Entwicklungsgedanken“ ab, der durch die Reproduktion rassistischer Bilder geprägt ist und von der grundsätzlichen Überlegenheit des Globalen Nordens ausgeht. In unserer Vereinsarbeit streben wir nach einer Zusammenarbeit mit unseren Partnerstrukturen auf Augenhöhe, wohl wissend, dass dies ein utopisches und dennoch wichtiges Ziel ist, welches in einem ständigen Prozess weitergedacht werden muss. Die Arbeit unseres Vereins beginnt darum mit kritischer Selbstreflexion.

Diese Ideale spiegeln sich in unserer konkreten Vereinsarbeit wider. So ergänzen sich unser Süd-Nord-Freiwilligenprogramm und unsere politische Vereinsarbeit. Derzeit organisieren wir gemeinsam mit den Partnerstrukturen Aves de paso (Ecuador), Beyond Nepal (Nepal), Esperance (Ruanda) und Ts’ununetik (Mexiko) Freiwilligendienste für junge Menschen in Deutschland. Wir bringen uns bei Themen ein, die unsere Vereinsziele betreffen, und dort, wo wir es für sinnvoll und notwendig erachten. Durch verschiedene Aktionen und Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen, Vorträge, Filmgespräche, Straßenperformances, Workshops und Radiobeiträge verfolgen wir das Ziel, Veränderungen auf gesamtgesellschaftlicher und politischer Ebene anzustoßen. Neben der Mitgestaltung des politischen Diskurses reflektieren und kritisieren wir die eigene Vereinsarbeit und erarbeiten entsprechende Konsequenzen.

Als Verein sehen wir uns in einem stetigen Prozess und werden immer wieder damit konfrontiert, dass wir nicht fernab von diesen Kontinuitäten der ungleichen Machtverteilungen denken und handeln können. Das Bewusstsein hierfür ist formgebend für unseren Anspruch an uns selbst als Zugvögel. Insbesondere im Verbund von Freiwilligendienst und politischer Arbeit können wir es schaffen, Grenzen zu überwinden.


    1. weltwärts war bis 2013 ein Freiwilligenprogramm nur für junge Menschen aus Deutschland in Ländern des Globalen Südens.
    2. Der Begriff ‘Globaler Süden‘ bezeichnet eine in der aktuellen Weltordnung benachteiligte gesellschaftliche, politische und ökonomische Position. Im Gegensatz dazu nimmt der ‘Globale Norden‘ eine mit Vorteilen bedachte und privilegierte Position ein. (vgl. glokal „Mit kolonialen Grüßen… Berichte und Erzählungen von Auslandsaufenthalten rassismuskritisch betrachtet.“, 2013, S. 8)
    3. Ressourcen können materieller oder immaterieller Natur sein, z.B. Rohstoffe, Bildung und Gesundheit.