CO2-Emissionen bei den Zugvögeln
Ungleich den biologischen Zugvögeln, können wir uns leider nicht mit einem emissionsfreien Lebensstil brüsten. Denn einen Süd-Nord-Freiwilligendienst in Deutschland zu organisieren, bedeutet auch das Bewältigen von (Flug-) Strecken. In erster Linie beginnt und endet der Freiwilligendienst für die Freiwilligen mit einem Langstreckenflug. Damit gehören sie bereits zu den Privilegierten des Globalen Südens, die überhaupt schon einmal mit einem Flugzeug geflogen sind. Gleichzeitig reihen sie sich ein in eine Gesellschaft, in welcher das Flugzeug ein alltägliches Transportmittel geworden ist. Entsprechend bleibt es für die Freiwilligen oft nicht bei einer Flugreise. In Zeiten von Billigfliegern und teuren Bahntickets ist es nur verständlich, dass sie gelegentlich das Flugzeug wählen, um Deutschland und seine Nachbarsstaaten zu erkunden.
Ähnlich schmerzlos buchen auch wir unsere Flugtickets, um an Partnerkonferenzen in Ländern des Globalen Südens teilzunehmen oder um unsere Partner zu einem Treffen bei uns einzuladen. Schließlich mussten wir feststellen, dass sich nicht alle Themen auf virtuellen Plattformen diskutieren lassen und ein Dialog auf Augenhöhe durch den direkten Kontakt lebt.
Aus dem selben Grund organisieren wir auch in der alltäglichen Vereinsarbeit überregionale Treffen, zu denen Mitglieder aus allen Ecken Deutschlands anreisen. Leider sind auch hier die Distanzen zu groß, als dass sie sich in einer lockeren Fahrradtour überwinden ließen. Stattdessen greifen wir auf die Deutsche Bahn und Car-Pooling zurück.
Ebenso wie wir, fährt auch die deutsche Post, welche unsere Briefe transportiert über deutsche Autobahnen. Doch nicht nur in der realen-, auch in der virtuellen Welt führen die Serverleistungen für Email-Verkehr und Online-Besprechungen zu Emissionen. Ein gewisser CO2-Ausstoß lässt sich für uns einfach nicht vermeiden. Kurz um: die Organisation eines Süd-Nord-Freiwilligendienstes produziert CO2-Emissionen und trägt damit zum anthropogenen Klimawandel bei.
Klimawandel ist ungerecht
Der Klimawandel betrifft die ganze Weltbevölkerung. Dennoch gibt es immense Unterschiede zwischen den Ländern in ihren historischen und aktuellen Beiträgen zu globalen Treibhausgasemissionen, ihrer Betroffenheit durch den Klimawandel und in ihrer Fähigkeit die Kosten zum Schutz vor- und Anpassung an den Klimawandel zu tragen. So gibt es beispielsweise bei einer Naturkatastrophe von vergleichbarer Art und Stärke in Ländern mit hohem Einkommen 70% weniger Todesfälle als in Ländern mit geringem Einkommen. Diese und ähnliche Ungleichheiten werden unter dem Konzept ‚Klimagerechtigkeit’ diskutiert.
Ungeachtet der vielseitigen Beiträge, die Süd-Nord-Freiwilligendienste zu einer nachhaltigen Gesellschaft leisten: Im Hinblick auf Klimagerechtigkeit, sind Süd-Nord-Freiwilligendienste schädlich. Wir produzieren CO2-Emissionen, für die wir nicht aufkommen und deren schädliche Folgen primär die Menschen des Globalen Südens tragen müssen.
Verantwortung übernehmen
Wie können wir, als Aufnahmeorganisation, mit dieser Situation umgehen?
Einerseits gibt es die Möglichkeit unser emittiertes CO2 finanziell zu kompensieren, indem wir in Form von Ausgleichszahlungen beispielsweise Klimaprojekte im Globalen Süden unterstützen. Eine zwar einfache, aber ebenso wirkungslose Maßnahme, da einmal ausgestoßene Emissionen nicht einfach rückgängig gemacht werden können. Das Problem bleibt also bestehen.
Eine zweite Möglichkeit ist es, unter uns und mit den Süd-Nord-Freiwilligen über den ökologischen Fußabdruck ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Möglichkeiten zur umweltfreundlichen Fortbewegung und Lebensweise in Deutschland zu diskutieren.
Letztendlich lässt sich die negative CO2-Bilanz eines Süd-Nord-Freiwilligendienstes nicht verleugnen. Das Programm deshalb einzustellen ist für uns allerdings auch keine zufriedenstellende Lösung; schließlich tragen Süd-Nord-Freiwilligendienste auf vielen anderen Ebenen zu nachhaltiger Entwicklung bei. Stattdessen bemühen wir uns, unsere CO2-Emissionen kritisch zu hinterfragen, in unserem Freiwilligenprogramm als auch in der täglichen Vereinsarbeit möglichst zu vermeiden und uns zusätzlich in lokalen Projekten für den Klimaschutz zu engagieren.